05.02.2025 |

Mediatrend 2025: Wie KI den Maschinenraum von Agenturen transformiert

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Matthias Bruell

Global CEO, Mediaplus Group

Das Jahr 2025 hat so herausfordernd begonnen, wie 2024 geendet hat. Der Druck auf Unternehmen und Marketing, so effizient wie möglich zu arbeiten, nimmt zu. Die Erwartungen an Agenturen steigen ebenfalls. Doch wie gut sind wir auf die Zukunft vorbereitet? Wo sind wir noch zu sehr von manuellen Prozessen abhängig? Sind unsere Teams und Organisationen belastbar genug? Und wie können wir die Komplexität für unsere Kunden reduzieren und gleichzeitig die Qualität unserer Beratung steigern? Zeit für eine Bestandsaufnahme, Zeit für Veränderung!

Es wird herausfordernd! Diese Prognose für 2025 ist garantiert richtig. Zunehmender Extremismus und Nationalismus (nicht nur in Europa), ein neuer Präsident in den USA und eine neue Regierung in Deutschland, anhaltende Kriege und ein wachsender Druck auf Demokratie und Wirtschaft in vielen Ländern des Westens. Kein Wunder, dass auch der Druck auf Marketer steigt. Jeder zweite der 835 globalen Marketingentscheider:innen, die wir kürzlich im Rahmen des Serviceplan Group CMO-Barometers befragt haben, erwartet derzeit keine signifikante Verbesserung der wirtschaftlichen Lage.

CMOs, so die Erwartung, sollen mit weniger Budget trotzdem immer mehr erreichen. Das geht nur mit optimierten und stärker automatisierten Prozessen, die das Potential des maschinellen Lernens und der Künstlichen Intelligenz ausschöpfen. Natürlich muss Marketing kreativ bleiben, aber auch so effizient wie möglich. Man muss daher kein Prophet sein, um zu erkennen, dass der Effizienz- und Innovationsdruck auf Agenturen weiter zunehmen wird. Agenturen müssen sich – nicht erst jetzt – fragen: Wo sind noch Schwachstellen in den Abläufen? Wie gut sind wir auf die Zukunft vorbereitet? Wo verlassen wir uns noch zu stark auf manuelle Prozesse? Sind unsere Teams und die Organisation resilient genug? Und wie können wir Komplexität für Kunden reduzieren und gleichzeitig unsere Beratungsqualität weiter verbessern?

Um diese Fragen verlässlich beantworten zu können, arbeiten wir intensiv an der wohl größten Veränderung und Herausforderung im Mediageschäft 2025: die Transformation des Maschinenraums der Mediaagenturen – und das bei laufendem Betrieb! Sowohl was die Maschinen und ihre Rohstoffe (Daten) betrifft als auch die Art und Weise, wie die Mediaplaner:innen und -strateg:innen ihre Maschinen bedienen. Das ist die derzeit spannendste und gleichzeitig nach außen hin am wenigsten sichtbare Veränderung, die alle Agenturen bewegt, oder zumindest bewegen sollte. Das Ziel der Transformation: Effizienteres Arbeiten bei gesteigerter Effektivität und ein höheres Qualitätsniveau durch das Entlasten von Routineaufgaben. Das Gros des Workloads entsteht auf Seiten der Mediaagenturen bei der Abwicklung. Die gibt den Kunden aber wenig gefühlten Mehrwert. Deshalb müssen Mediaagenturen den nicht sichtbaren Teil nachhaltig automatisieren und ihren Fokus auf das legen, was den Unterschied macht: die Beratung. Das ist bei der immer größer werdenden Komplexität wichtiger denn je.

Zwei zentrale Effekte des Umbaus: höhere Effizienz und mehr Qualität

Schon heute ist der Maschinenraum einer Mediaagentur ein komplexes Konstrukt aus unterschiedlichen Tools, Technologien, Intelligenzen und Datenbanken, die es zu integrieren gilt. Die eigentliche Transformation, an der wir arbeiten, ist aber nicht der Bau einer riesigen zentralen Einheit. Der Data Hub, den wir meinen, wenn wir von Transformation sprechen, vernetzt eine vergleichsweise schlanke zentrale Einheit bestmöglich mit dezentralen und externen Daten-Plattformen. Konnektivität und Interoperabilität sind dabei die entscheidenden Kriterien.

Denn die Daten-Plattformen im Maschinenraum sind nicht nur die Basis für die datenbasierten Produkte der Agentur (wie z.B. programmatische Buchungssysteme), sondern auch für die Tools, die die entsprechenden Insights liefern – etwa für die Strategie, den Media-Mix und das Modelling. Sie sind zusätzlich auch eine Antwort auf die weitere Fragmentierung des Medienmarktes, die eine wirkliche Optimierung der Kampagnen in Echtzeit nur noch mit Automation und KI-Unterstützung ermöglicht. Statt wie bisher beispielsweise rund 15 unterschiedliche Variablen für die Optimierung liefert uns die verfügbare Datenmenge heute Millionen von möglichen Optimierungspfaden. Das ist für Mediaplaner:innen manuell nicht mehr leistbar.

Damit die Transformation des Maschinenraums gelingt, müssen wir meines Erachtens vier Faktoren besonders im Blick haben:

1.          Stabile und skalierbare Prozesse

Wir brauchen ein operatives Setup aus Technologien und Mitarbeitenden, das einerseits stabil genug ist, um laufende Prozesse zu bewältigen und unsere Services in vollem Umfang zu gewährleisten. Gleichzeitig muss das Setup anpassungsfähig genug sein, um auf Marktveränderungen oder neue Kundenbedürfnisse zu reagieren. Und: Es muss international gedacht und skalierbar sein. Wachstum muss ohne proportional steigende Kosten und ohne zunehmende Komplexität möglich sein. Das bedeutet: Mehr Projekte und Kunden müssen betreut werden können, ohne die Qualität der Arbeit zu beeinträchtigen oder das Team zu überlasten.

2.          Qualität der Daten und Technologien

Der Data Hub wird aus einer Vielzahl unterschiedlicher Datenquellen gespeist, die eine fundierte Grundlage für datengetriebene Entscheidungen schaffen. Im Zentrum stehen First-Party-Daten, die direkt aus Kundeninteraktionen und proprietären Quellen gewonnen werden, sowie Third-Party-Daten, die aus externen, validierten Marktquellen stammen. Ergänzt werden diese durch umfangreiche Daten aus der Werbewirkungsforschung, exklusive interne Studien zur Wechselwirkung von Medien sowie aktuelle Ergebnisse zentraler Markt-Media-Studien. Diese Kombination ermöglicht eine holistische und präzise Sicht auf Medieneffizienz und Zielgruppenverhalten. Wir nutzen KI jedoch nicht nur für die Datenanalyse und -modellierung, sondern auch, um intuitive und benutzerfreundliche Benutzeroberflächen zu erstellen und Komplexität zu reduzieren.

3.         Teamentwicklung & Weiterbildung: Die Transformation als Chance

Für unser Berufsbild ist Transformation eine große Chance, weil sie die Aufgabenverteilung und Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine neu definiert. Sie ist aber auch eine notwendige Voraussetzung für den Maschinenraum der Zukunft.

Mediaplaner:innen sind – Stand heute – noch zu viel mit Routineaufgaben beschäftigt, vor allem mit Kampagnenmanagement und Reporting. Die Mediaplaner:innen der Zukunft sind weniger Kampagnenmanager:innen, sie sind vielmehr strategische Berater:innen. Maschinen- und Marketing-Expert:innen in einem. Sie brauchen Plattformkompetenz UND strategische Beratungskompetenz. Eine Augmented Intelligence, die menschliches Wissen mit den Möglichkeiten künstlicher Intelligenz verbindet.

Für unsere Mitarbeitenden und uns bedeutet das: Wir müssen kontinuierlich weiter an unserer Tool- und Technikkompetenz arbeiten und diese ausbauen. Wir erwarten von unseren Mitarbeitenden, dass sie alle Marktforschungs- und Zielgruppentools, Einkaufs- und Planungstools, Adserver-Systeme, Selbstbuchungstools der Social-Media-Plattformen, Dashboards und Ticket-Systeme beherrschen. Gleichzeitig sollten sie immer auf dem neuesten Stand sein, was die KI-Entwicklung bereithält. Auf der anderen Seite sind Kommunikationsfähigkeit und Beratungskompetenz sehr wichtige Skills. Dabei geht es vor allem um die Fähigkeit, den Werbetreibenden, unseren Kunden, die zunehmend komplexeren Themen und Technologien nachvollziehbar und verständlich zu erläutern und gleichzeitig ihre Bedürfnisse zu verstehen.

Das ist eine anspruchsvolle Stellenbeschreibung und bedeutet für uns als Gruppe: Wir müssen unserer Weiterbildungsangebot für Mitarbeitende deutlich ausbauen und ihnen Zeit und Möglichkeiten geben, bestehende Fähigkeiten kontinuierlich weiterzuentwickeln und zu stärken.

4.         Nutzung internationaler Ressourcen & internationale Skalierbarkeit

Diese Transformation ist keine Aufgabe allein für nationale Märkte. Alles, was wir tun, müssen wir international denken. Sowohl bei der Entwicklung von Technologien als auch beim Aufbau und Einsatz unserer Mitarbeitenden. Als international tätige Agentur haben wir die Chance, weltweit Aufgaben zu verteilen oder zu bündeln und voneinander zu lernen. Nur so erreichen wir Skaleneffekte, die sich auch positiv auf die nationalen Märkte auswirken.

Mein persönlicher Ausblick für 2025: Wir brauchen als Agentur ein Challenger-Mindset, das die Herausforderungen unserer Kunden proaktiv mit effizienteren Prozessen, innovativeren Produkten und einer leistungsfähigen Organisation beantwortet. Daran arbeiten wir intensiv. Die große Herausforderung für uns: Die operative Kontinuität muss während der Transformation des Maschinenraums absolut gewährleistet bleiben. Deshalb vermute ich, dass auch für den Jahreswechsel 2026 gelten wird: Es bleibt herausfordernd.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Horizont.

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