SXSW 2025: Warum soziale Gesundheit zur neuen Währung für Marken wird

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Alexander Turtschan

Director Innovation, Mediaplus Group

Bei der "South by Southwest" treffen sich noch bis zum 15. März Tech-Gründer und Forscher aus der ganzen Welt. Mit dabei ist auch Alex Turtschan. Der Director Innovation bei Mediaplus sammelt auch diesmal wieder die spannendsten Learnings und teilt sie mit den HORIZONT-Lesern. In seinem ersten Gastbeitrag erklärt er, warum Social Health für Unternehmen zur Pflicht wird.

Während Marken in einer zunehmend von KI geprägten Welt nach zukunftsweisenden Strategien suchen, standen die ersten beiden Tage der diesjährigen SXSW-Konferenz ganz im Zeichen von Social-Health-Innovationen, regelbrechender Kreativität und technologiegetriebenem Community-Wachstum. Entscheidungsträger:innen aus aller Welt kamen in Austin zusammen, um zu erörtern, wie menschliche Beziehungen in einer digital fragmentierten Welt weiterhin entscheidend bleiben. "Es ist wichtiger denn je, eine gemeinsame Basis zu finden", betonte SXSW Co-Präsident Hugh Forrest in seiner Eröffnungsrede. Diese Aussage wurde in Kasley Killams Keynote über soziale Gesundheit unmittelbar untermauert, die sie als die "fehlende Säule" in unserem Verständnis von Wohlbefinden bezeichnete.

Während körperliche Gesundheit die Wellness-Initiativen jahrzehntelang dominierte und mentale Gesundheit in den letzten 15 Jahren endlich in den Vordergrund gerückt ist, zeigte Killam auf, dass soziale Bindungen die nächste Grenze darstellen – nicht nur für Gesundheitsinnovationen, sondern auch für den Geschäftserfolg. "Wenn ein Unternehmen der sozialen Gesundheit keine Priorität einräumt, wird es ins Hintertreffen geraten", warnte Killam, denn "jede Branche wird durch Innovationen im Bereich der sozialen Gesundheit umgekrempelt werden."

Die Folgen für Marken sind weitreichend. Jede:r vierte Mensch spricht regelmäßig von Einsamkeit. Studien zeigen, dass fehlende soziale Bindungen schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. Angesichts dessen haben Marketer eine große Verantwortung und Chance, echte menschliche Bindungen zu fördern.

Dieses Thema griff auch Scott Galloway am zweiten Konferenztag auf, der Einsamkeit als größte Bedrohung in den USA identifizierte – insbesondere bei jungen Männern, die zunehmend von physischen sozialen Räumen in digitale Räume abwandern. Die Herausforderung für Marketingverantwortliche bestehe nicht nur darin, Engagement-Kennzahlen zu liefern, sondern Räume zu schaffen, die authentische Verbindungen ermöglichen.

Breaking Bad Rules: Die Kraft des Herausstechens

"Eure Zielgruppe interessiert sich nicht dafür, ob ihr Recht habt, sie interessiert sich nur dafür, ob ihr interessant seid." Mit dieser provokanten Aussage machten Andrew und James MacKinnon, Gründer von The Taboo Group, deutlich, was sich wie ein roter Faden durch das SXSW-Wochenende zog: die Notwendigkeit für Marken, etablierte Regeln zu brechen.

Die Agenturgründer demonstrierten nicht nur exzellentes Storytelling, indem sie buchstäblich Seiten aus dem alten Marketinghandbuch zerrissen. Sie zeigten auch, wie Konvention zu Konformität und Konformität zu Anonymität führt – der Todesstoß für jede Marke, die nach kultureller Relevanz strebt. Ihr "Brand Kinetic Growth Cycle" beginnt daher damit, Lücken zwischen kulturellen und kategorialen Erwartungen zu finden, eine Regel zu brechen, um diese Erwartungen zu challengen, um dann eine Spannung zu erzeugen, die die Consumer zwingt, Partei zu ergreifen. "Wenn es niemanden gibt, der es hasst, gibt es wahrscheinlich auch niemanden, der es liebt", erklärten sie und forderten damit die traditionelle Marketingweisheit heraus, keine Verbrauchersegmente zu verprellen.

Der strategische Regelbruch – und auch die oben erwähnte "Epidemie der Einsamkeit" – wurden von SXSW-Veteran Rohit Bhargava untermauert. Er hob den Wert der Undiscovery hervor: die Bereitschaft, grundlegende Annahmen zu überdenken. "Lasst nicht zu, dass es die Labels sind, an die wir uns erinnern", sagte Bhargava und rief Marken dazu auf, noch mehr über konventionelle demografische Zielgruppen hinauszudenken – was er als "die dümmste Art, eine Zielgruppe zu definieren" bezeichnete.

Jenseits der Regeln: KI schreibt das Marketing-Playbook neu

Der zweite Tag der SXSW zeigte deutlich, wie künstliche Intelligenz Branchen durch praktische Anwendungen verändert – beispielsweise mit Scott Galloways "Prof G Predictions": "KI ist eine dieser Technologien, die keinen Schutz geistigen Eigentums bietet", erklärte Galloway und verglich sie mit Innovationen, die mehr Wert für Stakeholder als für Shareholder schaffen. Dies machte seine Vorhersage umso glaubwürdiger, dass Meta das KI-Unternehmen des Jahres 2025 sein werde: "Meta wird seine riesigen Datenbestände von sozialen Plattformen nutzen, um immer leistungsfähigere KI-Modelle zu trainieren."

Galloway erläuterte außerdem, wie KI die Erwartungen von Verbraucher:innen an die Auswahl verändert: "Auswahl ist eine Last für uns. Wir verbringen 150 Minuten pro Woche damit, zu entscheiden, was wir essen wollen, und 50 Minuten damit, zu entscheiden, was wir uns ansehen wollen." KI-gesteuerte Plattformen wie TikTok begraben diese Entscheidungsmüdigkeit, "indem sie uns ein Jahr Lebenszeit zurückgeben". Dieser Wandel stellt das dar, was Galloway als ‚Rückkehr zum Modell des spezialisierten Einzelhändlers‘ der 90er Jahre bezeichnet – mit dem Unterschied, dass jetzt die KI das Fachwissen liefert. "Die KI sagt: ‚Gib mir Informationen, sei ehrlich, gib mir Kontext, und ich werde dir eine Antwort geben‘", so Galloway.

Niall Firth, Chefredakteur der MIT Technology Review, ergänzte Galloways Analyse. Er hob insbesondere die "Small Language Models" hervor – KI-Systeme mit weniger Parametern, aber größerer Fokussierung – die aufgrund ihrer Fähigkeit, vor Ort zu arbeiten und gleichzeitig die Privatsphäre zu schützen, in Bereichen wie der juristischen Analyse oder der medizinischen Diagnose wichtig sind.

In einer Welt, die zunehmend von Technologie dominiert wird, konzentriert sich die SXSW 2025 also auch darauf, wie Marken zwischenmenschliche Beziehungen fördern können. Die nächsten Tage könnten entscheidend dafür sein, wie diese Vision Wirklichkeit wird.

Zuerst erschienen bei Horizont.

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