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Kevin Heil

Unit Director, hmmh AG

Ab Mitte 2025 müssen Websites, Onlineshops und Apps gesetzlich barrierefrei sein. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz soll eine gleichberechtigte und diskriminierungsfreie Teilhabe im digitalen Raum ermöglichen – insbesondere für Menschen mit Behinderungen, Einschränkungen und ältere Menschen. Da in Deutschland rund 8 Millionen Menschen eine Schwerbehinderung haben, also ca. 10 Prozent der Bevölkerung, bleibt ein enormes Potenzial zur Erschließung dieser Zielgruppe bisher ungenutzt. Denn die Realität zeigt: Nur ein bis zwei Prozent der digitalen Angebote sind aktuell barrierefrei. 

Bei Unternehmen besteht Handlungsbedarf

Viele Unternehmen sind nicht auf die gesetzlichen Vorgaben vorbereitet. Die Gründe dafür sind vielfältig: fehlendes Fachwissen, begrenzte personelle Ressourcen und die umfangreichen Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) erschweren die Umsetzung. Verstöße können nicht nur zu hohen Bußgeldern und Abmahnungen führen, sondern auch Imageschäden und eine eingeschränkte digitale Reichweite nach sich ziehen.

Unternehmen können ihren Webauftritt auf Barrierefreiheit prüfen lassen, etwa mit dem Accessibility QuickCheck. Dieser testet 25 WCAG-Kriterien und die zehn größten Accessibility-Hürden, indem möglichst viele verschiedene Seitentypen analysiert werden – bei Webshops zum Beispiel Startseite, Suchergebnisse, Produktübersichten, Detailseiten und Checkout-Prozesse. Typische Barrieren wie fehlende Alternativtexte, schlechter Textkontrast oder fehlende Buttonbeschriftungen werden erkannt. Die Ergebnisse samt Handlungsempfehlungen werden in einem „Barrier Report“ aufbereitet und müssen anschließend umgesetzt werden – ein manueller Prozess, der je nach Umfang der Website erheblichen Aufwand erfordern kann.

WCAG-Prüfung durch Spezial-Agenten

Um Zeit und Kosten zu sparen, hat unser Team im Rahmen eines Serviceplan Group AI Hackathons einen Prototyp für ein KI-gestütztes WCAG-Prüfungssystem entwickelt. Die Idee: Durch den Einsatz mehrerer spezialisierter KI-Agenten, die autonom Teilaufgaben der WCAG-Prüfung übernehmen, soll der Prozess deutlich effizienter gestaltet werden. Als Anwendungsfall wurde festgelegt, dass der Prototyp eine der häufigsten Barrieren adressiert: die Sicherstellung geeigneter Alternativtexte für Bilder. Die Voraussetzungen, ein Agentensystem für die WCAG-Prüfung einzusetzen, sind ideal. Denn die Richtlinien sind eindeutig verfasst, sodass Agenten die Kriterien gut erfassen können. Barrierefreie Alt-Texte sind kurze, präzise und funktionale Beschreibungen, die den Bildinhalt für sehbehinderte Nutzer:innen verständlich machen, ohne unnötige Details oder Redundanzen.

Basierend auf dem Modell ChatGPT wurde ein Agenten-System bestehend aus mehreren Spezial-Agenten entwickelt. Ein Crawling-Agent durchsucht den Webauftritt und identifiziert Bildinhalte. Anschließend übernimmt der Bildanalyse-Agent die Prüfung jedes einzelnen Bildes, erstellt fehlende Alternativtexte oder bewertet bestehende Beschreibungen auf ihre Qualität und Verständlichkeit. Die gesammelten Erkenntnisse fließen in den Reporting-Agent ein, der einen umfassenden Accessibility-Report generiert und bestehende Barrieren dokumentiert.

Mit KI-Agenten effizienter zum barrierefreien Auftritt

In der Praxis entlastet dies Unternehmen erheblich. Ohne manuelle Eingriffe übernimmt das Agenten-System selbstständig nicht nur die Prüfung, sondern schlägt auch konkrete Alternativtexte vor und gibt Rückmeldung an das Unternehmen, welche Texte geändert werden müssen. Aktuell arbeitet unser Team an einem Agenten, der – analog zur Bildbeschreibung – die Beschriftung von Buttons und weiterführenden Links überprüft. Perspektivisch soll es durch einen zusätzlichen Agenten möglich sein, Verbesserungen direkt in das Content-Management-System einzupflegen. Ziel ist es, ein Agenten-System zu schaffen, das möglichst viele WCAG-Kriterien abdeckt und Barrieren weitgehend autonom behebt.

Einmal eingerichtet, kann der „Agentic Service“ zu einem Bruchteil dessen angeboten werden, was die herkömmliche Methode kosten würde. Dies ermöglicht Unternehmen eine skalierbare und kontinuierliche Analyse ihrer digitalen Angebote. Im Idealszenario könnte eine Seite so permanent überprüft und Barrieren über ein Dashboard angezeigt werden.

Fakt ist: Eine barrierefreie Website verbessert nicht nur die digitale Zugänglichkeit für Millionen von Menschen, sondern stärkt auch das Unternehmensimage, verbessert das Suchmaschinenranking (SEO) und erschließt neue, wertvolle Zielgruppen. Die Investition in Barrierefreiheit zahlt sich für Unternehmen somit in mehrfacher Hinsicht aus – auch wirtschaftlich. Noch ist der Human-in-the-Loop-Ansatz entscheidend, um eine verlässliche Qualität sicherzustellen. Doch schon bald werden KI-Agenten der entscheidende Schritt in eine inklusive digitale Zukunft sein.

Unsere Agentic Services

KI-Agenten revolutionieren die Art und Weise, wie Unternehmen und Personen mit Technologie interagieren. Diese KI-Agentensysteme werden immer ausgefeilter und können inzwischen nicht nur Routineaufgaben automatisieren, sondern auch tiefe Insights generieren und komplexe Probleme selbstständig lösen. So treiben sie branchenübergreifend Innovationen voran. 

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