Mit dem Fortschritt generativer KI und agentenbasierter Systeme wird es möglich, Webseiten und Werbemittel dynamisch und individuell im Corporate Design eines Unternehmens zu erstellen – angepasst an die jeweilige Anfrage und das Profil der Nutzer:innen. Diese Entwicklung eröffnet enorme Potenziale für personalisierte Markenerlebnisse. Meta geht noch weiter: Unternehmen sollen künftig nur ihre Werbeziele und Zahlungsinformationen liefern – den gesamten Prozess von der Inhaltserstellung bis zur Erfolgsmessung übernimmt automatisiert die Plattform.
Das stellt Unternehmen vor eine neue Herausforderung: Auch automatisiert erstellte Inhalte müssen konsequent markenkonform bleiben, um Identität und Steuerbarkeit zu sichern. Die zentrale Frage lautet daher: Können KI-Agenten die Kontrolle über die Einhaltung des Corporate Designs vollständig übernehmen – oder bleibt die menschliche Kontrolle unverzichtbar?
Agentic Governance – Leitplanken für autonome Kreativität
Damit agentenbasierte Systeme die Markenidentität nicht verwässern, müssen sie klare Regeln erhalten. Sie müssen zeigen können, wie sie zu Entscheidungen gelangen, ihre Prozesse vollständig dokumentieren und Einblick in ihr Handeln ermöglichen.
Diese strukturierte Steuerung lässt sich als Agentic Governance bezeichnen. Sie sorgt dafür, dass jede dynamisch erstellte Webseite, jede personalisierte Anzeige und jede individuelle Ansprache im Rahmen der definierten Markenidentität bleibt.
Die Einführung dieser Governance folgt dabei drei wesentlichen Schritten. Zunächst braucht es ein interdisziplinäres Team, bestehend aus Corporate-Design-Profis und Tech-Expert:innen, das gemeinsam ein maschinenlesbares Design-System entwickelt. Es übersetzt Farben, Schriften, Bildstile, Tonalitäten sowie aktuelle und historische Markenbotschaften in standardisierte Syntax – damit Agenten darauf trainiert werden können.
Im zweiten Schritt wird dieses System in die Agentenarchitektur integriert und die Freiräume für kreative Variation innerhalb der Markenrichtlinien werden definiert. KPIs wie zulässige Farbabweichungen oder Tonalitätsscores gemäss Corporate-Identity-Vorgaben sichern die Qualität und machen Abweichungen in Dashboards sichtbar.
Schliesslich bleibt die regelmässige Überprüfung durch Menschen essenziell, denn emotionale Passung bleibt schwer messbar. Auch wenn der Turing-Test bestanden wurde, braucht es Menschen, die stichprobenartig in den Klang, die Bildanmutung und die kulturelle Relevanz der Marke hineinfühlen können.
Damit könnte sich auch die Rolle des Agentic Brand Guardian in vielen Organisationen etablieren und unverzichtbar werden. Der Agentic Brand Guardian ist kein:e Design- oder Tech-Expert:in, sondern ein:e Moderator:in zwischen beiden Welten – ähnlich dem Scrum Master in agilen Teams. Eine Person, die Rahmenbedingungen schafft, Prozesse begleitet und Qualität sichert – und so zur verbindenden Instanz zwischen kreativer Markenführung und technologischer Umsetzung wird.
Fazit: Technologie braucht den Menschen – aber er steht nicht mehr allein
Agentic-Systeme entwickeln sich rasant weiter. Sie verarbeiten Feedback, optimieren sich selbst und übernehmen zunehmend Qualitätssicherung – etwa durch den automatisierten Abgleich mit Styleguides. Schon bald werden Agenten nicht nur gestalten, sondern sich gegenseitig überwachen können. Doch auch dann braucht es die Leitplanken, die wir definieren – und das Feingefühl, das Maschinen nicht ersetzen können.
Es geht also nicht um ein Entweder-oder. Agentic Governance steht für ein neues Miteinander von Mensch und Maschine. Damit Marken konsistent geführt und unverwechselbar bleiben – und gleichzeitig freier und agiler kommunizieren können.
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