Google indexiert jetzt offiziell organische Instagram-Inhalte in den Suchergebnissen. Auf den ersten Blick mag das wie eine kleine Veränderung wirken, tatsächlich signalisiert es jedoch etwas viel Größeres: die Verwischung der Grenzen zwischen Plattformen. Die Weiterentwicklung der Art und Weise, wie Menschen Informationen finden. Und einen wachsenden Druck auf Marken, die Rollen von Paid, Owned und Earned Media neu zu denken.
Was bedeutet das für Marketer? Es ist mehr als nur eine neue Präsentationsfläche für Inhalte. Es ist ein Zeichen dafür, dass es in der Zukunft der digitalen Welt weniger um Plattformen geht – und mehr darum, wie Menschen sich in der Kultur zurechtfinden.
Search wird Social
Sehen wir uns zunächst an, warum es zu dieser Veränderung gekommen ist. Das Suchverhalten ist stark fragmentiert. Die Gen Z nutzt bereits TikTok für Restaurantbewertungen, Reddit für Produktempfehlungen und KI für Zusammenfassungen und Analysen. Konsument:innen beginnen ihre Reise heute dort, wo sie die für sie relevantesten Inhalte erwarten – und diese Inhalte stammen zunehmend nicht mehr von Marken oder Publishern. Sie stammen von anderen Menschen.
Google ist sich dessen bewusst. Deshalb zieht es Reddit-Threads, TikTok-Videos und nun auch Instagram-Posts in die Suche hinein – um seine Rolle als erste Anlaufstelle für Antworten zu sichern. Die Integration von Social Content hilft Google, in einer Ära relevant zu bleiben, in der „Suche“ nicht mehr zwingend mit einer Suchmaschine beginnt.
Für Instagram ist dieser Schritt ebenso strategisch wichtig. Da TikTok Zeit, Aufmerksamkeit und Werbegelder abzieht, könnte das Auffinden von Inhalten über Google helfen, neuen Traffic zurück in die App zu lenken. Und wenn Google zu einer Suchmaschine für Instagram-Inhalte wird, profitiert auch der Instagram-Algorithmus: Er lernt aus dem, was Nutzer im Google-Ökosystem anklicken, überspringen oder teilen.
Der Paid-Social-Ripple-Effekt
Aus Mediaplanungssicht ist das mehr als eine Randnotiz – es ist eine neue Chance. Alles, was Nutzer dazu bringt, mehr Zeit in sozialen Apps zu verbringen, erweitert das verfügbare Inventar und steigert die Kampagnenleistung.
Darüber hinaus könnte dieses Update den Wert organischer Inhalte auf neue Weise steigern. Plötzlich existiert ein erfolgreiches Instagram-Reel nicht mehr nur im abgeschotteten Meta-Kosmos – es könnte in den Ergebnissen für Suchanfragen mit hoher Kaufabsicht auftauchen. Das verändert die Wertgleichung: Wenn Inhalte sowohl in Social- als auch in Such-Ökosystemen performen, könnte das Pushen von zentralen Posts zu einem Teil der SEO-Strategie werden, statt eine bloße Taktik zur Steigerung der Reichweite zu bleiben.
Mit anderen Worten: Wir könnten leistungsstarke organische Inhalte schon bald als suchbare Assets behandeln. Je mehr Engagement ein Beitrag erhält, desto wahrscheinlicher ist es, dass er an Sichtbarkeit gewinnt – nicht nur auf Social-Plattformen, sondern im gesamten offenen Web. Das ist eine bedeutende Weiterentwicklung – für Paid Social ebenso wie für Influencer-Strategien.
Media-Mix neu denken (aber Google nicht abschreiben)
Verändert das Googles Rolle im Media-Mix? Noch nicht – aber es entwickelt sich weiter. Die Dominanz von Google basiert weiterhin auf dem Nutzerverhalten. Solange Menschen Google nutzen, um Fragen zu beantworten, wird es eine grundlegende Ebene der Markensichtbarkeit bleiben.
Doch die Art der Inhalte, mit denen Menschen dort interagieren, verändert sich. Suchende klicken nun womöglich lieber auf einen authentischen, creator-getriebenen Instagram-Post als auf die Website einer Marke. Das bedeutet: Ihre Inhalte – egal ob von Influencern, Marken oder Communities – konkurrieren (oder kooperieren) nun auf unerwartete Weise plattformübergreifend.
Wenn das der Fall ist, müssen Marketer möglicherweise ihre Leistungsbewertungen neu überdenken. Das Ziel ist dann nicht mehr nur der Traffic auf die eigene Website – sondern vielleicht auch der Share of Voice in den Inhalten, die Menschen zuerst sehen, denen sie am meisten vertrauen oder die sie am schnellsten anklicken.
Die Walled Gardens bröckeln
Es zeichnet sich eine größere Verschiebung ab – mit potenziellen Auswirkungen auf Retail Media, Publisher und Adtech. Wir erleben, wie einstmalige Mauern fallen.
Jahrelang war das Internet ein Flickenteppich geschlossener Ökosysteme. Man suchte bei Google, kaufte bei Amazon, scrollte auf Instagram und schaute bei TikTok – alles isoliert voneinander. Aber Menschen denken nicht in Silos. Genauso wie es Ihrem Smart TV egal ist, ob Sie Netflix oder Prime schauen, kennt Ihr digitales Leben keine Plattformgrenzen.
Aktuell sehen wir erste Anzeichen für ein „fließenderes“ Internet. Social Content in der Suche. KI, die Reddit zusammenfasst. Retail-Reviews, die an unerwarteten Orten auftauchen. Mit jeder neuen Ebene der Integration wird es für Menschen leichter, das Web so zu nutzen, wie sie es wollen – nicht wie Plattformen es designen.
Was Marketer jetzt tun sollten:
- Investieren Sie in hochwertigen, menschenzentrierten Content in sozialen Medien – er kann nun ein Leben über die App hinaus haben.
- Denken Sie SEO neu: Im Fokus sollte nicht mehr nur die Website stehen – sondern auch Reels, Reddit-Threads oder Influencer-Videos.
- Seien Sie auf allen Oberflächen präsent: Die Customer Journey verläuft heute nicht mehr linear. Ihre Marke sollte überall dort auftauchen, wo Menschen suchen, scrollen oder stöbern.
- Testen Sie das Boosten von leistungsstarken organischen Beiträgen als neuen Weg zur Steigerung der Sichtbarkeit in Suchmaschinen – nicht nur zur Reichweitenschaffung in sozialen Medien.
Die Grenzen zwischen den Kanälen verschwimmen. Die Mauern zwischen Plattformen werden schwächer. Aber der Bedarf an bedeutungsvollen Inhalten, die echte Menschen ansprechen? Der ist wichtiger denn je.
Dieser Artikele wurde erstmals veröffentlicht im Media Leader.