Der Wert von PR im Kommunikationsmix

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Portrait of Benjamin Majeron

Nuno Pedro dos Santos

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Benjamin Majeron

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Der Wert von PR im Kommunikationsmix

Einen Klick, mehr braucht es nicht. Schon schwirrt die Botschaft durch den digitalen Äther. Sichtbar für hunderte, tausende oder vielleicht Millionen Usern. Geteilt von Gleichgesinnten, Gegnern oder einfach Interessierten. Ein Klick und sie geht viral. Maximale Reichweite und das für lau – ohne aufwändigen Themenpitch und Beziehungspflege. Die klassische PR, die Königsdisziplin, entthront und obsolet?

Oder ist Social Media doch eher unkritisches Echokammer-Geschwätz auf der Flughöhe eines U-Boots? Mal ehrlich: Auf einem „Spiegel“-Cover erreicht man immer noch mehr Menschen als auf einer „For You“-Page. Oder nicht? Braucht es langfristige Beziehungsarbeit und Imagepflege überhaupt noch in einer zunehmend Marketing-orientierten digitalen Welt? Es ist Zeit, die Gretchenfrage zu stellen: Wie hältst du’s mit der Kommunikation?

Der heiße Draht ist digital

Das Angebot der digitalen Kanäle ist bestechend. Sie bieten vor allem eines: Macht über die eigenen Aussagen. Kein Warten und kein banges Hoffen auf den guten Willen einer Redaktion. Keine kritischen Rückfragen, keine journalistischen Korrekturen, keine unbequemen Perspektiven. Das mag salopp klingen, aber für Unternehmen sind Gespräche mit Journalist:innen mit intensiven Vorbereitungen und Risiken verbunden, die so eliminiert werden.

Damit einher geht ein massiver Tempogewinn. Am Abend kocht ein Thema auf, und schon am nächsten Morgen kann sich der oder die CEO einer Firma in einem persönlichen Linkedin-Statement direkt dazu äußern. Erfolge sind dabei ganz klar skalierbar. Daten, Dashboards, KPI-Logiken erlauben präzise Analysen. Reichweite lässt sich messen und im Zweifel optimieren. Maximaler Output aus minimalem Input. Wir sehen regelmäßig, dass ein spontan geschriebener, authentischer Post Hunderttausende innerhalb weniger Tage erreicht – das ist Imagepflege, bei der eine persönliche Interviewfrage in einem gedruckten Medium nicht mithalten kann.

Wer etwas zu sagen hat, sagt es auf Social. Ob auf Linkedin, im Corporate Blog, via CEO-Video oder durch Mitarbeitende und andere „Corporate Voices“. Digitale Kommunikation hat traditionelle Gatekeeper ein Stück weit entmachtet und einen Bereich erschaffen, in dem alle ihre Botschaften ungefiltert platzieren können. Das kann man gut oder schlecht finden, aber in der Medienwelt ist dieser Raum einzigartig. Digitale Kommunikation ordnet die Machtverhältnisse in der Branche ein Stück weit neu. Sie erlaubt direkten Dialog mit der Followerschaft, Kontrolle und Optimierung. Warum also noch auf die „FAZ“ warten, wenn der oder die CEO morgen 50.000 Follower:innen direkt erreicht?

Legitimität braucht Zeit

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir über das unterliegende Dilemma sprechen. Denn so direkt die Botschaften ihr Publikum digital erreichen, so begrenzt ist ihr Wirkungshorizont. Die Inhalte kreisen in vertrauten Zielgruppen, die Reaktionen spiegeln bestehende Meinungen. Was wie Reichweite aussieht, ist teilweise auch Echokammer und Bubble – und was performt, hat außerhalb der Marketingwelt mit PR-optimierten Narrativen und ausgefeilten Statements nur bedingte Relevanz.

Auf die Frage, warum auf die „FAZ“ warten, wenn mein CEO morgen 50.000 Follower:innen direkt erreichen kann, lautet die Antwort: Weil 50.000 Impressions nicht dasselbe sind wie 50.000 Leser:innen. Und weil es einen massiven Unterschied gibt zwischen der bewussten Entscheidung, einen spannenden Artikel zu lesen und einem zufälligen Statement im Feed beim Doomscrollen. Dazwischen liegt ein qualitativer Grabenbruch.

Klassische PR besitzt eine Eigenschaft, die digitale Kommunikation nie haben wird: Einordnung. Medienberichte – zumindest freiheitlich-demokratischer Gesellschaften – werden redaktionell geprüft, in Kontexte gesetzt, mit Gegenperspektiven angereichert. Wer es in einen gut recherchierten Artikel schafft, hat nicht nur Aufmerksamkeit, sondern etwas viel Wertvolleres: Legitimität. Das ist unbequem, ja. Aber es ist auch belastbarer. Gerade in sensiblen Situationen – in Krisen, bei komplexen Themen, bei Reputationsfragen – ist die Glaubwürdigkeit eines unabhängigen Mediums nicht zu ersetzen.

Media Relations als fundamentaler Teil der klassischen PR sind deshalb nicht langsamer, sondern langfristiger. Sie multiplizieren, was Unternehmen sagen wollen, durch den Filter unabhängiger Relevanz. Und das ist es, worauf Kommunikation am Ende zielt: nicht nur gesehen, sondern ernst genommen werden. Und dafür sind gute Beziehungen gestern, heute und in Zukunft unerlässlich.

Der Januskopf der Kommunikation

Die gute Nachricht: Es geht nicht um ein Entweder-Oder. Digitale Kommunikation hat uns einfach Werkzeuge gegeben, die auf Kurzfristigkeit, Schnelligkeit und Direktheit ausgelegt sind. Klassische PR hingegen sichert langfristig Einordnung, Tiefenwirkung und Legitimität. Beide Disziplinen haben ihre Berechtigung – und ihre Grenzen. Ihre volle Kraft entfalten sie erst im Zusammenspiel.

Die wahre Gretchenfrage ist also weniger, welche Disziplin die größere Rolle spielt, sondern: Wie sorgt man dafür, dass Kommunikation in ihrer Gesamtheit stimmig wirkt? Wie man das schafft, ist aber eine andere Geschichte.

 

Dieser Artikel erschien zuerst bei KOM Magazin.