© Serviceplan Group 2024
Dream-Team: Mensch und Maschine
Artificial Intelligence (AI) ändert das Momentum in der Wirtschaft. Nicht überall, aber in sehr vielen Phasen der Wertschöpfungskette. Auch im Marketing und insbesondere in der Mediaplanung. Warum? Weil wir in einer zunehmend digitalisierten, datenbasierten und fragmentierten Medien- und Mediawelt maschinelle Unterstützung benötigen, um eine optimale Werbewirkung zu erzielen.
Der Mensch bleibt in einer teilautomatisierten Werbewelt weiter entscheidend, kann aber nur noch mit Rechnerunterstützung in Echtzeit die Komplexität der verschiedensten Kanäle und ihrer Eigenheiten bewältigen. Deshalb geht es nicht darum, OB wir AI in Media und Marketing einsetzen, sondern WIE und an welchen Schaltstellen. Und darum, wie wir das Zusammenspiel von Mensch und Maschine organisieren, orchestrieren und regulieren.
Sprechen wir bei Mediaplus von AI, interpretieren wir den Begriff eher als Augmented Intelligence. Sie kombiniert das menschliche Gehirn mit all seinem Wissen und seinen Erfahrungswerten aus Jahrzehnten mit den neuen Möglichkeiten von Machine Learning und Künstlicher Intelligenz. Dabei gibt es – je nach Prozess und Aufgabe – sehr unterschiedliche Modelle der Aufgabenteilung und der Zusammenarbeit zwischen Menschen und Maschinen.
40 Prozent der deutschen Unternehmen geben an, dass Anwendungen mit Generative AI in ihren jeweiligen Unternehmen mehrmals pro Woche zum Einsatz kommen, so das Ergebnis einer BVDW-Studie, lediglich 7 Prozent nutzen sie nie. AI eröffnet ein neues Zeitalter bzw. eine neue Phase der Markenführung. Marktanteilserfolge wird sie aber nur den Firmen und Marken bringen, die sie schneller, konsequenter, intelligenter und passgenauer für sich nutzen. Um zu entscheiden, an welcher Stelle der Mediaplanung welches Daten- und Toolset sinnvoll ist, brauchen wir entsprechend geschulte Expert:innen, die die Daten und Tools auswählen bzw. eigene Anwendungen für den speziellen Einsatz programmieren.
Ziel ist es, unsere Lösungen und die Media-Ausspielung für unsere Kunden intelligenter zu gestalten. Ein ebenso wichtiges Ziel ist, die immer höher werdende Komplexität für die Agentur handelbar zu machen und für den Kunden transparent zu halten. Gleichzeitig sollen sich unsere Media-Talente mehr um die strategischen Fragestellungen als um die reine Abwicklung kümmern. Die richtige Dosierung aus Human und Artificial Intelligence, die richtigen Mitarbeitenden mit den passenden Skills zu finden oder dahingehend zu schulen, werden den Wettbewerb entscheiden.
AI ist aber nicht nur so gut wie der Mensch, der sie beherrscht, sondern auch wie die Daten, mit denen sie trainiert wird. Was aber sind die „richtigen“ Daten? Das ist abhängig von der Ausgangssituation und der Aufgabe des Werbetreibenden. Das können beispielsweise Nutzungsdaten aus dem mobilen und stationären Internet sein, aus Sozialen Netzwerken, aus Benchmark-Kampagnen, aber auch jede Menge First-Party-Daten der Kunden (Point of Sale, Zielgruppendaten, Preisinfos, Daten zu Wettbewerbern uvm.) oder Daten aus der Marktforschung (Consumer Panel, Consumer Research). Die besondere Herausforderung in unserem Berufsalltag besteht darin, das entsprechende Daten- und Toolset für den jeweiligen Kunden zu identifizieren, aufzusetzen und operativ so aufzusetzen, dass wir im laufenden Prozess – idealerweise in Echtzeit – optimieren können. Damit das funktioniert, sind qualitativ gute Daten unabdingbar.
Um eine optimale Werbewirkung zu erzielen, haben wir als international tätige Mediaagentur-Gruppe einen Planungsprozess für unsere Arbeit definiert, an dem wir uns länderübergreifend beim Einsatz von AI orientieren. Dieser Ablauf strukturiert Anforderungen und ermöglicht es uns, jedem Prozessschritt die jeweils richtigen Vorgehensweisen, (AI-) Tools und Daten zuzuweisen. Das erleichtert nicht nur das wechselseitige Lernen in unserer Gruppe, sondern setzt auch Standards und Orientierungspunkte.
„KI ermöglicht uns eine qualitativ hochwertige Beratung mit einer immer gezielteren Ansprache über alle Kanäle. Entscheidend sind jedoch die Menschen, die die Möglichkeiten und Grenzen der Technologie einschätzen können - unsere Augmented Intelligence."
CEO Mediaplus Group
Um anfassbarer zu machen, wo wir bei Mediaplus schon heute AI – ganz oder teilweise – im Prozess der Mediaplanung und Kommunikationssteuerung einsetzen, fünf konkrete Beispiele aus unterschiedlichen Phasen der Kommunikationsplanung und -steuerung:
1. Media-Mix/Media-Strategie: Der Growth Investor
Welcher Media-Mix bzw. welche Media-Strategie passt auf die jeweilige Aufgabe, die Werbetreibende uns stellen? Um diese Frage mit den Erfahrungswerten und Zahlen aus Tausenden von Kampagnen – ergänzt um Leistungs- und Wirkungsdaten, Preisen und vielem mehr – zu beantworten, haben wir den „Growth Investor“ entwickelt.
Er meistert die zunehmende Komplexität der Medienlandschaft und ist unsere Antwort auf eine immer weiter fortschreitende Medien-Fragmentierung. Der Growth Investor vereint alle entscheidungsrelevanten Media-Faktoren in einem hoch performanten Tool und maximiert mittels AI den ROI der Media-Investments: Holistisch, wirkungsbasiert über alle Maßnahmen hinweg. Für jede Marke individuell mit Zielen, Zielgruppen, Budgets und Konditionen konfiguriert, identifiziert die Growth Investor AI unter Millionen von potentiell möglichen Kombinationen den wirkungs- und effizienzstärksten Media-Mix.
Bezogen auf die Ziele der Werbetreibenden, empfiehlt der Growth Investor, welche Kanäle und Mediengattungen zum Einsatz kommen sollten und wie das Budget prozentual im Media-Mix verteilt wird. Die am besten performanten Platzierungen und Formate innerhalb der Medien und Kanäle zu belegen, ist dann eine manuelle Aufgabe für die Mediaplaner:innen. Das Überwachen der Kampagnenergebnisse und das Optimieren in Echtzeit geschieht dann je nach Vorgabe wieder maschinell.
AI gibt also eine strategische Empfehlung, der Mensch überprüft, übernimmt die Feinplanung und verantwortet die Ergebnisse. Wie die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine konkret im Programmatic Advertising funktioniert, belegt Beispiel zwei.
2. AI-gestütztes Targeting ohne Third-Party-Cookies (NE.R.O AI)
Wegen des drohenden Wegfalls der Third-Party-Cookies haben wir uns als Agentur Alternativen überlegt, das Aussteuern digitaler Kampagnen neu aufzusetzen. Die Lösung: Kontextuelles AI-basiertes Targeting. Zu diesem Zweck haben wir unser bewährtes Targeting-Tool NE.R.O (steht für Nettoreichweitenoptimierung) für den Einsatz mit Artificial Intelligence weiterentwickelt.
Der Crawler von NE.R.O AI scannt tagesaktuell über 50.000 Artikel im Web und verarbeitet dadurch Millionen an Datensets, mit denen die AI kontinuierlich auf Inhalte trainiert wird. Dabei nutzt NE.R.O AI ein Large Language Modell, um Kontext, Affinitäten, psychografische und emotionale Strukturen und Themen der Beiträge zu verstehen. Auf Basis dieser Informationen ordnet sie den relevanten Artikeln passende – auf Value Planning basierende – Zielgruppen zu, die dann zur Kampagnenaussteuerung genutzt werden. Werbung für eine Reisedestination neben einem Artikel zur Quallenplage am selben Ort zu schalten, gehört damit endgültig der Vergangenheit an. Genauso wie den Camping-Urlauber:innen kein Luxushotel mehr vorgeschlagen wird. AI hilft, dass ein optimaler Fit zur Zielgruppe entsteht. Und obwohl wir bei den Kampagnen ohne Cookies arbeiten, können wir sie hoch individuell aussteuern. Erste reale Kampagnenergebnisse zeigen, dass NE.R.O AI dabei signifikant besser abschneidet als das klassische Profil-Targeting – beispielsweise mit einer 90 Prozent höheren Verweildauer und einer 21 Prozent höheren Click-Through-Rate.
Was aber, wenn der Werbetreibende sich nicht sicher ist, ob die anvisierte Zielgruppe die richtige für seine Werbung ist? Auch hier kann das maschinelle Superhirn helfen.
3. Zielgruppen-Modelling: Persona GPT
Zielgruppendaten und Analysen sind in der Marketing- und Kommunikationswelt bisher sequenziell und sperrig. Expert:innen unterschiedlicher Gewerke blicken in der Regel aus unterschiedlichen Perspektiven auf ihre Zielgruppen. Deshalb entwickeln wir Persona GPT, ein AI-gestütztes audiovisuelles Interface, mit dem Planungsteams – wie bei einem Chatbot – mehr Informationen zur jeweiligen Zielgruppe interaktiv abfragen können. Im Gegensatz zu herkömmlichen Chatbots füttern wir PersonaGPT aber mit unterschiedlichsten hochwertigen Datenquellen (u.a. AGF, Best for Planning, GWI, Nielsen und YouGov sowie spezialisierten Branchendaten).
Ein Beispiel: Ein Stromanbieter möchte Wechselwillige überzeugen und hierfür grundsätzliche Informationen zur Lebenswelt ihrer Zielgruppe erhalten. Die Kreativen fragen nach ihren Einstellungen und Werten. Die strategischen Planer:innen möchten erfragen, worauf die Zielgruppe beim Wechsel des Stromanbieters hauptsächlich Wert legen. Die Mediaplaner:innen wollen die Medien kennen, die die Zielgruppe vorwiegend nutzt. Persona GPT antwortet immer direkt und im Dialog sind auch jederzeit Nachfragen möglich. So wird Kreation und Planung interaktiv, intuitiv und deutlich schneller.
4. Nachhaltige Werbung: Green Ad
Auch auf dem noch längeren Weg in eine nachhaltigere Werbewelt kann uns künstliche Intelligenz unterstützen. So haben wir beispielsweise mit Green Ad ein AI-basiertes Tool entwickelt, das bereits bestehende digitale Werbemittel – ohne grafischen Qualitätsverlust – kleiner rechnet, also die Datenmenge reduziert. Damit lässt sich der CO2-Footprint des Werbemittels teilweise um bis zu 75 Prozent reduzieren. Bei einer durchschnittlichen Digital-Kampagne mit 24 Mio. Ad Impressions lassen sich so rund 230 Kg CO2 einsparen. Immerhin das Äquivalent für einen Flug von Berlin nach London.
5. Kreation: AI als Turbo für Effizienz und Werbewirkung
In der kreativen Umsetzung, bei Fotoshootings und Videoproduktionen beispielsweise, ist Artificial Intelligence vor allem ein Effizienzturbo. Aber nicht in dem Sinne, dass man damit sehr günstige, aber komplett austauschbare Stockfotos produzieren lässt. Mit kreativer AI-Unterstützung entstehen einerseits völlig neue Bilderwelten und andererseits individualisierte Variationen existierender Marken-Bilderwelten in nie dagewesener Geschwindigkeit und Menge.
Doch wirken dieses kreativen Werbemittel überhaupt? Mit der „Emotion Engine“ verfügen wir bei Mediaplus über eine Datenbank mit mehr als 3.000 klassisch getesteten Werbemitteln. Der qualitative und quantitative Emotional Check prüft die Kreation in jeder einzelnen Sequenz. Wann steigen Sympathie, Attraktion, Relevanz und Reflexion an? An welchen Stellen flachen die Kurven ab, und warum? Und welche Emotionen erzielt die Kampagne bei unterschiedlichen Zielgruppen? Kontinuierlich fließen neue Messdaten und Evaluationen in die Emotion Engine ein. Mit dem Wissen, welche Ergebnisse diese Werbemittel produziert haben, lässt sich die Wirkung eines neuen Werbemittels AI-gestützt bereits VOR der Kampagne analysieren und bereits vor der Live-Schaltung optimieren.
Das waren nur einige Beispiele, wie wir bei Mediaplus KI einsetzen. Kontinuierlich prüfen wir neue Anwendungsszenarien für den Einsatz maschinellen Lernens und künstlicher Intelligenz in der Media – dies jedoch nur, wo es Sinn macht.
Unsere Aufgabe ist es, Werbekunden in Zeiten wachsender Komplexität mehr Orientierung zu geben. Auf dieser Grundlage entstehen bessere Investitionsentscheidungen in Media. Werbekunden brauchen künftig sogar eher mehr Unterstützung und Beratung, die aber auch eine Mediaagentur in Zukunft nur noch dann qualitativ hochwertig erbringen kann, wenn sie eine konstant optimale Datenbasis und entsprechende Prediction-Modelle zur Verfügung stellen kann. AI ist dafür der Schlüssel und die Basis. AI ermöglicht uns, in allen Bereichen hochwertige Beratungsleistung mit dem Ziel einer immer differenzierteren und zielgruppenspezifischen Ansprache über alle möglichen Kanäle hinweg zu erbringen – und das trotz exponentiell steigender Anforderungen durch die steigende Fragmentierung der Kanäle.
Der entscheidende Wettbewerbsfaktor aber sind die Menschen, die die Möglichkeiten und Grenzen der neuen Technologie bewerten können, unsere Augmented Intelligence. Diese Form von AI auszubauen, darauf liegt unser Fokus.
Autor: Matthias Brüll, CEO Mediaplus